Das Wort Verkehrswende ist seit Jahren in aller Munde. Manchen kann es nicht schnell genug gehen, dass Fahrradverkehr und Busse und Bahnen bevorzugt werden, manche finden, das Auto werde zu sehr verteufelt. Aber alle diskutieren darüber. Und jeder weiß mittlerweile auch, dass es so, wie es ist, nicht weitergehen kann.
Nur in der Düsseldorfer Stadtspitze scheint das nicht bei jedem angekommen zu sein. Denn: „Im Stadtbezirk 8 wird es erst einmal auf absehbare Zeit keine Verkehrswende mehr geben“, so das erschrockene Fazit des stellvertretenden Bezirksbürgermeisters Markus Dreist von der SPD in der letzten Bezirksvertretungssitzung zu einer Stellungsnahme der Verwaltung.
Anlass für diese Stellungnahme war die Frage, wie die Verwaltung sich die Entwicklung der Verkehre im Stadtbezirk künftig vorstellen und auf aktuelle Entwicklungen insbesondere im Bereich Carsharing reagieren würde. „Immerhin haben wir seit Jahren Lösungen auf verschiedenen Straßen gefordert, die eine Stärkung des Fahrradverkehrs bedeuten würden; wir haben Mobilitätsstationen und wir haben eine Verbesserung des Angebots von Bussen und Bahnen gefordert. Was wir bekommen haben: eine ‚protected bike lane‘ auf 200 Metern und den Bus on demand in Unterbach, der aber erst noch kommen soll – das ist seit Jahren alles. Sonst ist die Antwort durchweg, man werde im Rahmen einer Gesamtplanung auf die Anregungen eingehen – was zunächst hieß, dass es erst einmal auf die lange Bank geschoben wurde. Nun aber hat die Stadt durchblicken lassen, dass hier bei uns in Eller und Vennhausen erst mal gar nichts mehr passieren wird, weil andere Stadtbezirke dringlicher behandelt würden.“ Vieles ist daher sogar ohne irgendeinen Zeitrahmen zurückgestellt, darunter insgesamt drei von der Bezirksvertretung geforderte Fahrradstraßen, unter anderem in der Ludwigshafener Straße, darunter auch mehrere Fahrradwege wie zum Beispiel auf dem Werstener Feld, oder auch die Beseitigung einer Gefahrenstelle auf der Vennhauser Allee, um nur einiges zu nennen. Auch die Taktung der U75, die ja der mit Anschaffung der neuen Bahnen kommen sollte, soll weggefallen, obwohl die Fahrgastzahlen nach Corona wieder steigen.
Auch auf den Rückzug von Carsharing-Anbietern aus dem Stadtbezirk fällt der Stadt nichts ein. „Hier in Eller, Lierenfeld und Vennhausen passiert einfach gar nichts mehr. Oder es wird sogar schlechter für die, die auf ihr Auto verzichten wollen“, so Dreist, der selbst seit Jahren kein eigenes Auto mehr hat. Alle Maßnahmen, die ins Auge gefasst werden, sollen in den Stadtbezirken 1, 2 und 3 umgesetzt werden. „Sicherlich gibt es dafür gute Gründe, das sind eng bebaute Stadtteile, die dringend Investitionen brauchen und sehr nötig eine alternative Infrastruktur statt des eigenen Autos brauchen. Aber andere Stadtbezirke dafür ganz auszublenden, das ist beschämend für eine Stadt, die angeblich die Verkehrswende will. Aber vielleicht steht der Wille bei der Ratsmehrheit aus CDU und Grünen ja nur auf dem Papier?“ Denn es gibt bislang keinen Ersatz für zwei Stationen des Anbieters Greenwheels, der sein Deutschland-Geschäft eingestellt hat und zuvor gleich zwei Stationen in Eller betrieben hat. „Die nächste Station anderer Anbieter ist der Hauptbahnhof.“ Wer also mal etwas Größeres einkaufen muss und das mit dem Fahrrad nicht schafft, muss erst zum Hauptbahnhof, um ein Auto zu holen, danach einkaufen fahren, die Dinge nach Hause bringen, dann wieder zum Hauptbahnhof, um das Auto zurückzubringen und anschließend mit Bus oder Bahn wieder zurück nach Hause. „Gerade das Stationenmodell im Carsharing ist ein Modell, das dezentral wirken kann und jahrelang in Eller funktioniert hat. Was wir hier derzeit erleben, ist ein deutlicher Rückschritt, den die Stadt nicht glaubt kompensieren zu müssen und daher offensichtlich noch nicht einmal Gespräche mit alternativen Anbietern führen will.“
Auch eine alternative Unterstützung von Menschen mit Eigeninitiative gibt es derzeit in Düsseldorf nicht und es scheint nichts derartiges geplant, wie es das in anderen Städten bereits gibt. „Dort werden private Initiativen, die sich ein Auto oder ein oder mehrere Räder teilen, von der Stadt unterstützt, sogar finanziell. In Düsseldorf hat da noch niemand dran gedacht.“ Verkehrswende in Eller? „So wird das nichts!“, glaubt Dreist.